War Jesus ein subjektiver Marginalist?
In einem schon länger zurückliegenden
Beitrag im Kapitalismus-Magazin hat Wolfgang Scheide einen Teil meines Artikels "War Jesus ein Kapitalist?" (im ef-Magazin vom Dezember 2004) kommentiert.
Zunächst: Seinen dort geäußerten Verdacht, ich hätte mit Absicht die Beschreibung des Gleichnisses vom Weinbauern weggelassen, um etwa Unpassendes zu übergehen möchte ich hiermit zurückweisen. Die meisten erwähnten Gleichnisse sind allein aus Platzgründen in dem Beitrag nicht näher beschrieben worden. Diese Entscheidung ist mir deshalb leicht gefallen, weil die Quelle ja jedem leicht zugänglich ist.
Zum anderen meint Scheide, der Kern des Gleichnisses (Matth. 20, 1 - 16) sei die materielle Gleichbehandlung nach dem marxistischen Prinzip "jeder nach seinen Bedürfnissen".
Scheide weiter: "Der Weinbauer handelt so, wie es vielleicht auch ein marxistischer Unternehmer tun würde, der sich bei der Bezahlung seiner Mitarbeiter möglichst wenig an deren individueller Leistung orientieren möchte."
Meine Replik dazu:
1) Im Artikel von James Redford, auf den ich mich in meinem Artikel bezog, geht es dem Autor in erster Linie darum zu zeigen, daß, wenn in der Bibel Gott mit einem Unternehmer gleichgesetzt wird, das Unternehmertum als solches für einen Christen nichts schlechtes sein kann.
2) Zwar deutet der Weinbauer am Ende an, daß er "gütig" gewesen sei - und das mag in gewisser Weise auch so gewesen sein (sicher ist das nicht, s.u.). Aber genau deswegen heißt es ja am Anfang: "Mit dem Reich der Himmel ist es wie mit einem Hausherrn, der" usw. sich so und so verhält. Das heißt ja nicht, daß sich Unternehmer (die ja nicht Gott sind) so verhalten müssen.
3) Ein weiteres ist zu bedenken (und das ist jetzt meine persönliche Interpretation des Gleichnisses): Warum denn heuert der Weinbauer die Tagelöhner erst nach und nach, im Verlauf des Tages an? Warum nicht alle auf einmal? Mir sieht es so aus, als habe er sich hinsichtlich von Leistungsfähigkeit oder -willen der Erstgeheuerten grob verschätzt - aber dies noch rechtzeitig gemerkt. Die Ernte kommt offenbar nicht schnell genug rein. Es gibt noch jede Menge zu tun. Er befürchtet vielleicht, daß die Weinreben verderben, wenn sie nicht noch heute geerntet werden. D.h., der marginale Nutzen eines zusätzlichen Tagelöhners zu den Kosten von einem Denar steigt im Verlauf des Tages an, solange er abschätzt, daß die bisherigen angeheuerten Tagelöhner auch nur soviel am Ende des Tages auf dem Feld ungeerntet übriglassen, das den Verkaufswert von einem Denar übersteigt.
Das wiederum heißt, daß jeder Tagelöhner, auch die letzten, die nur noch 1 Stunde arbeiten mußten, dem Unternehmer am Ende des Tages mindestens ein Denar Wert war. Die ersten Arbeiter murren zwar, weil sie länger gearbeitet haben, aber wie hoch der Nutzen für den Unternehmer war, kann nur er bestimmen.
Hier wird also nicht der Gleichmacherei gehuldigt, sondern der subjektiven Nutzenbestimmung. Und das dürfte für jeden Libertären in Ordnung sein.
Beitrag im Kapitalismus-Magazin hat Wolfgang Scheide einen Teil meines Artikels "War Jesus ein Kapitalist?" (im ef-Magazin vom Dezember 2004) kommentiert.
Zunächst: Seinen dort geäußerten Verdacht, ich hätte mit Absicht die Beschreibung des Gleichnisses vom Weinbauern weggelassen, um etwa Unpassendes zu übergehen möchte ich hiermit zurückweisen. Die meisten erwähnten Gleichnisse sind allein aus Platzgründen in dem Beitrag nicht näher beschrieben worden. Diese Entscheidung ist mir deshalb leicht gefallen, weil die Quelle ja jedem leicht zugänglich ist.
Zum anderen meint Scheide, der Kern des Gleichnisses (Matth. 20, 1 - 16) sei die materielle Gleichbehandlung nach dem marxistischen Prinzip "jeder nach seinen Bedürfnissen".
Scheide weiter: "Der Weinbauer handelt so, wie es vielleicht auch ein marxistischer Unternehmer tun würde, der sich bei der Bezahlung seiner Mitarbeiter möglichst wenig an deren individueller Leistung orientieren möchte."
Meine Replik dazu:
1) Im Artikel von James Redford, auf den ich mich in meinem Artikel bezog, geht es dem Autor in erster Linie darum zu zeigen, daß, wenn in der Bibel Gott mit einem Unternehmer gleichgesetzt wird, das Unternehmertum als solches für einen Christen nichts schlechtes sein kann.
2) Zwar deutet der Weinbauer am Ende an, daß er "gütig" gewesen sei - und das mag in gewisser Weise auch so gewesen sein (sicher ist das nicht, s.u.). Aber genau deswegen heißt es ja am Anfang: "Mit dem Reich der Himmel ist es wie mit einem Hausherrn, der" usw. sich so und so verhält. Das heißt ja nicht, daß sich Unternehmer (die ja nicht Gott sind) so verhalten müssen.
3) Ein weiteres ist zu bedenken (und das ist jetzt meine persönliche Interpretation des Gleichnisses): Warum denn heuert der Weinbauer die Tagelöhner erst nach und nach, im Verlauf des Tages an? Warum nicht alle auf einmal? Mir sieht es so aus, als habe er sich hinsichtlich von Leistungsfähigkeit oder -willen der Erstgeheuerten grob verschätzt - aber dies noch rechtzeitig gemerkt. Die Ernte kommt offenbar nicht schnell genug rein. Es gibt noch jede Menge zu tun. Er befürchtet vielleicht, daß die Weinreben verderben, wenn sie nicht noch heute geerntet werden. D.h., der marginale Nutzen eines zusätzlichen Tagelöhners zu den Kosten von einem Denar steigt im Verlauf des Tages an, solange er abschätzt, daß die bisherigen angeheuerten Tagelöhner auch nur soviel am Ende des Tages auf dem Feld ungeerntet übriglassen, das den Verkaufswert von einem Denar übersteigt.
Das wiederum heißt, daß jeder Tagelöhner, auch die letzten, die nur noch 1 Stunde arbeiten mußten, dem Unternehmer am Ende des Tages mindestens ein Denar Wert war. Die ersten Arbeiter murren zwar, weil sie länger gearbeitet haben, aber wie hoch der Nutzen für den Unternehmer war, kann nur er bestimmen.
Hier wird also nicht der Gleichmacherei gehuldigt, sondern der subjektiven Nutzenbestimmung. Und das dürfte für jeden Libertären in Ordnung sein.