Saturday, April 16, 2005

War Jesus ein subjektiver Marginalist?

In einem schon länger zurückliegenden
Beitrag
im Kapitalismus-Magazin hat Wolfgang Scheide einen Teil meines Artikels "War Jesus ein Kapitalist?" (im ef-Magazin vom Dezember 2004) kommentiert.

Zunächst: Seinen dort geäußerten Verdacht, ich hätte mit Absicht die Beschreibung des Gleichnisses vom Weinbauern weggelassen, um etwa Unpassendes zu übergehen möchte ich hiermit zurückweisen. Die meisten erwähnten Gleichnisse sind allein aus Platzgründen in dem Beitrag nicht näher beschrieben worden. Diese Entscheidung ist mir deshalb leicht gefallen, weil die Quelle ja jedem leicht zugänglich ist.

Zum anderen meint Scheide, der Kern des Gleichnisses (Matth. 20, 1 - 16) sei die materielle Gleichbehandlung nach dem marxistischen Prinzip "jeder nach seinen Bedürfnissen".

Scheide weiter: "Der Weinbauer handelt so, wie es vielleicht auch ein marxistischer Unternehmer tun würde, der sich bei der Bezahlung seiner Mitarbeiter möglichst wenig an deren individueller Leistung orientieren möchte."

Meine Replik dazu:

1) Im Artikel von James Redford, auf den ich mich in meinem Artikel bezog, geht es dem Autor in erster Linie darum zu zeigen, daß, wenn in der Bibel Gott mit einem Unternehmer gleichgesetzt wird, das Unternehmertum als solches für einen Christen nichts schlechtes sein kann.

2) Zwar deutet der Weinbauer am Ende an, daß er "gütig" gewesen sei - und das mag in gewisser Weise auch so gewesen sein (sicher ist das nicht, s.u.). Aber genau deswegen heißt es ja am Anfang: "Mit dem Reich der Himmel ist es wie mit einem Hausherrn, der" usw. sich so und so verhält. Das heißt ja nicht, daß sich Unternehmer (die ja nicht Gott sind) so verhalten müssen.

3) Ein weiteres ist zu bedenken (und das ist jetzt meine persönliche Interpretation des Gleichnisses): Warum denn heuert der Weinbauer die Tagelöhner erst nach und nach, im Verlauf des Tages an? Warum nicht alle auf einmal? Mir sieht es so aus, als habe er sich hinsichtlich von Leistungsfähigkeit oder -willen der Erstgeheuerten grob verschätzt - aber dies noch rechtzeitig gemerkt. Die Ernte kommt offenbar nicht schnell genug rein. Es gibt noch jede Menge zu tun. Er befürchtet vielleicht, daß die Weinreben verderben, wenn sie nicht noch heute geerntet werden. D.h., der marginale Nutzen eines zusätzlichen Tagelöhners zu den Kosten von einem Denar steigt im Verlauf des Tages an, solange er abschätzt, daß die bisherigen angeheuerten Tagelöhner auch nur soviel am Ende des Tages auf dem Feld ungeerntet übriglassen, das den Verkaufswert von einem Denar übersteigt.

Das wiederum heißt, daß jeder Tagelöhner, auch die letzten, die nur noch 1 Stunde arbeiten mußten, dem Unternehmer am Ende des Tages mindestens ein Denar Wert war. Die ersten Arbeiter murren zwar, weil sie länger gearbeitet haben, aber wie hoch der Nutzen für den Unternehmer war, kann nur er bestimmen.

Hier wird also nicht der Gleichmacherei gehuldigt, sondern der subjektiven Nutzenbestimmung. Und das dürfte für jeden Libertären in Ordnung sein.

Friday, April 15, 2005

Hoch soll er leben!

Hundertjährige gibt es ja inzwischen wie Sand am Meer. Doch wie ist es mit solchen, die aussehen wie 70 (oder wie 60 in früheren Zeiten)? Und so aktiv und geistig fit sind wie andere mit 40 nicht mehr?

Sidney Platt ist so einer.

Sein Leben lang hat er morgens brav seinen Porridge gegessen, außerdem regelmäßig Sport getrieben (früher auch Tennis und Fechten).

(Es wird nicht erwähnt, daß er Nichtraucher ist – etwas was die BBC bestimmt gebracht hätte, wenn’s denn so wäre ...)

Er spricht drei Fremdsprachen, spielt Klavier, hat noch mit 92 ein Flugzeug geflogen ... und jetzt lernt er Anwendungssoftware für PC.

Neben einem mens sana in corpore sano und gutes genetisches Baumaterial hat Platt auch ein wenig historisches Glück gehabt: Er war zu jung, um Kanonenfutter im ersten Weltkrieg zu sein - und zu alt, um im zweiten woanders als in der verhältnismäßig sichereren Feierabend-Heimatschutztruppe zu dienen. Und danach begann der beispielose Erhard’sche Wirtschaftsaufschwung, der auf ganz Westeuropa ausstrahlte.

Ich erlaube mir eine "was-wäre-wenn" Träumerei:

Was hätten wir für ein Riesenheer an tollen alten Knaben herumlaufen heutzutage in Europa, beispielhaft produktive, unglaublich aktive, mit Lebensweisheit überquellende Methusalems von 110, 120 und mehr Jahren, wenn's den ersten Weltkrieg (und infolgedessen den zweiten, und infolgedessen den ganzen riesigen Wohlstandsverlust) nicht gegeben hätte?

Und das Bismarck'sche betrügerische Pyramidenspiel, auch "staatliche Rentenversicherung" genannt, wäre auch nicht mehr unser Problem gewesen – da von einem schon stattgefunden Generationendruck dorthin verfrachtet, wo es hingehört: Auf den Müllhaufen der Geschichte.

Jedenfalls: Ein dreifaches Hoch auf Sidney Platt - mögen viele seinem Beispiel folgen ... und die Gelegenheit dazu haben.

Thursday, April 14, 2005

Soziales Verhalten nur ohne Staat

Jedenfalls bei Tieren.

Ausgerechnet bei jenen Fledermäusen, die als Blutsauger bekannt sind, läßt sich ebenso kooperatives Verhalten beobachten wie bei Primaten – und zwar nicht nur eigenen Familienmitgliedern gegenüber, sondern auch bei Tieren, die weder verwand noch verschwägert sind.

So neu ist diese Erkenntnis aber nicht, wie sie in dem gelinkten Artikel dargestellt wird.

Der Biologe Matt Ridley hat in seinem 1996 erschienen Buch "The Origins of Virtue" (Deutsch: "Die Biologie der Tugend") dargestellt, daß sich kooperatives Verhalten in der Natur durchsetzt, weil es sich auszahlt. (Dies wird übrigens auch in Computersimulationen bestätigt).

Ridley weist auf einen mich besonders faszinierenden Umstand hin. Während niedere Tiere allenfalls mit ihren Sexualpartnern kooperieren, höhere Tiere nur mit ihren engen Familienmitgliedern und viele Säugetiere darüber hinaus, allerdings nur innerhalb der Herde oder des Clans miteinander Gefälligkeiten austauschen, ist es das Alleinstellungsmerkmal im kooperativen Verhalten der Menschen, daß sie als einzige in der Lage sind, über Clangrenzen hinweg kooperativ zu sein.

Das dies nicht immer klappt, aber doch möglich und nötig ist, sagt uns das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter (Lukas 10, 30 - 37). Und das korrelative Verhalten hierzu ist der direkte Austausch von Gütern und Dienstleistungen über "Clan"-Grenzen hinweg - auch dies ein Alleinstellungsmerkmal des Menschen. Die Barmherzigkeit ist laut Verhaltensforscher die indirekte Folge von Egoismus, der Austausch laut Ökonomen eine direkte Folge.

Der Ökonom nennt das letztere auch "freien Handel". Mit seiner Clangrenzüberscheitung gelingt es dem Menschen, das Potential des "komparativen Vorteils" voll auszunutzen – solange kein Parasit, wie z.B. staatliche Finanzbehörden, dazwischengreift und/oder andere staatliche Weltverbesserungsbehörden dazwischenpfuschen.

Und diese Potentialausschöpfung ist es – mehr als alles andere, vielleicht sogar alleine, die die schnelle Verbreitung sämtlichen technischen Fortschritts, angefangen vom Feuer und dem Faustkeil, und sämtlichen Wohlstand gebracht hat.

Und noch etwas: Logischerweise kann dieser Austausch über Clan- oder Nationengrenzen hinweg nur geschehen, wenn nicht gleichzeitig an diesen Grenzen ein Krieg stattfindet - oder nur unter erheblich erschwerten Bedingungen.

Offenbar ist soziales Verhalten nur unter Abwesenheit eines Staates möglich!

Wednesday, April 13, 2005

Münte hat Hoppe gelesen!

Und er schlottert vor Angst ... wie ein von einer Maus in die Enge getriebener Elefant.

Gut – ich weiß nicht, ob er wirklich Hoppes "Demokratie. Der Gott, der keiner ist" gelesen hat. Wundern würde mich das aber nicht, wenn ich mir dieses Zitat (S. 4) vor Augen halte:

"Mancher putzt sich gerne die Füße an [dem Staat] ab und macht ihn zum Synonym für eine Krake und für Bonzen, für Bürokratie und für Unfähigkeit. Manche reden aus Gedankenlosigkeit abfällig über ihn, andere auch sehr gezielt. "

Herzlich willkommen!

Ein spezieller Willkommensgruß für meine Freunde und Bekannten aus dem Freiheitsforum.

Es ist hier noch etwas spartanisch eingerichtet – z.B. funktioniert die „Kurzfassung“ nicht, die mir erlauben würde, nur den ersten Absatz auf der Hauptseite zu zeigen. Entsprechend fällt die Seite hier etwas lang aus. Und Bilder wird es hier eher selten geben, denn sie sagen zwar mehr als tausend Worte, aber nicht immer das, was ich sagen will. Ich hoffe jedoch, daß sich für alle der Besuch auch lohnt.

Bedenkenswerte und zivilisierte Kommentare sind selbstverständlich erwünscht. Einzige Voraussetzung dafür ist eine Anmeldung bei blogger.com.

Ihr und Euer
Robert Grözinger

Tuesday, April 12, 2005

Nobody expects the Spanish Inquisition!

Unter Libertären ist die "Hoppe-Affäre" wohlbekannt. Erstmals hat sich jetzt Professor Hans-Hermann Hoppe öffentlich zu der Angelegenheit geäußert.

Wie er die Szenen im universitären Untersuchungsausschuß schildert, hätten sie kaum besser von der britischen Komikertruppe Monty Python konzipiert werden können. Der Uni-Kommissar für "affirmative action" (etwa: "positive Diskriminierung" [!]) setzte zu einer Tirade gegen Hoppe an, für die er "nach Ansicht meines Anwaltes in einem regulären Gerichtssaal einen Rausschmiß kassiert hätte." Nachdem der Wortschwall auch nach einer halben Stunde nicht nachließ, so Hoppe, schnauzte der Universitätsanwalt den Uni-Kommissar an: "Shut up!" Und da dieser dem nicht folge leistete, ermahnte der Uni-Anwalt den Sitzungsleiter, ihm das Wort zu entziehen.

Das ganze erinnert, wie gesagt, ein wenig an Monty Python und deren "Spanish Inquisition"-Sketch.

Monday, April 11, 2005

Brief einer Mutter an George und Dick

Eine trauernde Mutter schreibt an den Präsidenten und den Vizepräsidenten der USA:

"Die Definition eines gerechten Krieges ist: Einer, für den Sie willens sind Ihre eigenen Kinder sterben zu lassen. Wenden Sie diese Definition an. Dann schicken Sie Ihre eigenen Kinder, wenn Sie glauben, daß diese Aggression gerecht ist ... wenn nicht dann holen Sie den Rest unserer Kinder nach Hause ... sofort!!!"

Sunday, April 10, 2005

Ein Fanbrief von Mises an Rand

Im neuesten Beitrag auf mises.org ("To What Extent Was Rand a Misesian?" - "Inwiefern war Rand Misesianer?") erwähnt Bettina Bien Greaves, daß Ludwig von Mises nach der Lektüre von Atlas Shrugged der Autorin Ayn Rand einen Fanbrief geschrieben hat. Sie zitiert daraus – und dieses Zitat habe ich hier übersetzt.

Atlas sei "nicht lediglich ein Roman. Er ist auch – oder darf ich sagen, in erster Linie – eine überzeugende Analyse der Sünden, die unsere Gesellschaft plagen, eine begründete Zurückweisung der Ideologue unserer selbsternannten 'Intellektuellen' und eine erbarmungslose Demaskierung der Unehrlichkeit der von den Regierungen und den politischen Parteien angewandten Vorgehensweisen. Es ist eine vernichtende Entlarvung der 'moralischen Kannibalen', der 'Gigolos der Wissenschaft' und des 'akademischen Gelabers' der Schöpfer der 'anti-industriellen Revolution'. Sie haben den Mut, den Massen zu sagen, was ihnen kein Politiker gesagt hat: Ihr seid von geringem Wert und alle Zustandsverbesserungen, die Ihr einfach für selbstverständlich haltet, verdankt Ihr den Anstrengungen von Menschen, die besser sind als Ihr."

Neben vielem anderen wird im Beitrag außerdem ein Gegensatz zwischen Hayek und Rand beleuchtet. Rand "sieht die Familie als eine Institution, die öfter als nicht den Kollektivismus und Altruismus ermutigt, den sie bekämpft. ... Für Hayek ist die Schlüsselfunktion der Familie als eine der zentralen kulturellen Institutionen, mit denen die Regeln des gerechten Umgangs über Generationen weitergegeben werden."