Saturday, January 28, 2006

Francisco d'Anconias "Geldrede" für Kinder

In "eigentümlich frei" Nr. 59 erscheint auch ein Artikel von mir, "Hobbits und Rabbits", in dem ich auf zwei Werke aufmerksam mache, mit denen Kindern die Idee der Freiheit nahegebracht werden kann. (Es sind "Der kleine Hobbit" von J.R.R. Tolkien und "Unten am Fluß" bzw. "Watership Down" von Richard Adams).

Inzwischen habe ich eine weiteres Werk entdeckt, das schon lange z.B. von Laissez Faire Books angepriesen wird: Die Reihe "Little House on the Prairie" von Laura Ingalls Wilder. In einem Buch dieser Reihe, "Farmer Boy", kommt eine Episode vor, die ich beispielhaft herausgreifen will, da sie meiner Meinung nach als "kindgerechte" Version der "Geldrede" von Francisco d’Anconia in Ayn Rands "Atlas Shrugged" gelten kann.

Der zehnjährige "Farmer Boy" Almanzo Wilder ist in der erwähnten Episode (die ungefähr im Jahr 1868 im Stat New York stattfindet) mit seiner Familie in einer nahegelegenen Stadt, um den amerikanischen Unabhängigkeitstag zu feiern. Dort trifft er auf Cousin Frank, der ihm gegenüber angibt, einen "Nickel" (5 Cents) von seinem Vater erhalten zu haben ("My father gives me a nickel every time I ask him."). Damit kauft sich Frank eine Limonade, während sich Almanzo mit Wasser aus der Pumpe begnügt. Almanzo hat noch nie Geld von seinem (wohlhabenden) Vater erhalten, aber auch noch nie um welches gebeten. Er behauptet, er würde auch einen Nickel bekommen, wenn er darum bitten würde. Frank glaubt ihm nicht. Vor eine Gruppe Jungen fordert er ihn auf, es zu beweisen.

Etwas weich in den Knien geht Almanzo zu seinem Vater, der mit dem Wagenhersteller Mr. Paddock im Gespräch vertieft ist. Er bittet ihn um einen Nickel. "Warum?" fragt ihn der Vater. Als Almanzo erklärt, verstehet der Vater zunächst, daß Cousin Frank Almanzo eine Limonade ausgegeben hat, und will ihm schon eine Münze geben, damit sein Sohn den Gefallen erwidern kann. Doch dann will er es genau wissen: "Hat dir Frank eine Limonade ausgegeben?"

Almanzo nickt zunächst, windet sich aber dann und murmelt: "Nein, Vater."

Der Vater schaut ihn lange schweigend an. Dann zieht er eine 50-Cent-Silbermünze aus seiner Brieftasche.

"Almanzo, do you know what this is?"
"Half a dollar," Almanzo answered.
"Yes. But do you know what half a dollar is?"
Almanzo didn’t know it was anything but half a dollar.
"It's work, son." Father said. "That's what money is; it's hard work."

Mr. Paddock chuckled. "The boy's too young Wilder," he said. "You can't make a youngster understand that."
"Almanzo’s smarter than you think," said Father.
Almanzo didn't understand at all. He wished he could get away.


Dann fordert der Vater ihn auf, ihm zu sagen, was man alles tun muß, um Kartoffeln anzubauen. Zögernd erst, aber mit wachsendem Selbstvertrauen, referiert Almanzo. Und am Ende fragt der Vater, wieviel man für "half a bushel" Kartoffeln am Markt erzielen kann.

"Half a dollar," Almanzo said.
"Yes," said Father. "That's what's in this half-dollar, Almanzo. The work that raised half a bushel of potatoes is in it."
Almanzo looked at the round piece of money that Father held up. It looked small, compared with all that work.
"You can have it, Almanzo," Father said. Almanzo could hardly believe his ears. Father gave him the heavy half-dollar.
"It's yours," said Father. "You could buy a sucking pig with it, if you want to. You could raise it, and it would raise a litter of pigs, worth four, five dollars apiece. Or you can trade that half-dollar for lemonade, and drink it up. You do as you want, it’s your money."


Als Almanzo zu Frank und den anderen Jungen zurückkehrt, erlebt Almanzo süße Rache.

"Where's the nickel?"
"He didn't give me a nickel," said Almanzo, and Frank yelled:
"Yah, yah! I told you he wouldn't. I told you so!"
"He gave me half a dollar," said Almanzo.
The boys wouldn't believe it till he showed them. Then they crowded around, waiting for him to spend it. He showed it to them all, and put it back in his pocket.
"I'm going to look around," he said, "and buy me a good little sucking pig."


Die "Little Farm"-Buchreihe gibt es auch auf deutsch ("Unsere kleine Farm"), aber ausgerechnet der Band "Farmer Boy" ist seit 1956 scheinbar nicht wieder auf deutsch aufgelegt worden und ist vergriffen.

(Zitate aus: Laura Ingalls Wilder, Farmer Boy, Harper Trophy, Kapitel "Independence Day", Seiten 179 ff)

Thursday, January 26, 2006

Lib-Dem-Kandidaten: Da waren's nur noch zwei ...

Vor kurzem trat der Vorsitzende der britischen Liberal Democrats zurück, offiziell weil er Alkoholiker war. (So auch berichtet im antibürokratieteam-Blog.) Was mich damals schon wunderte war, daß das Alkoholproblem Charles Kennedys eigenlich schon länger bekannt war. Ich erinnere mich, vor ungefähr einem Jahr davon in den Medien gehört zu haben. Damals störte das keinen. Dann plötzlich doch.

Daß da "irgendwas faul ist", vermutet jetzt auch Dr. Sean Gabb von der UK Libertarian Alliance. Seine Vermutung: Blair und New Labour haben ihre Nützlichkeit für die "ruling class" (womit Gabb ein loses Konglomerat aus hochrangigen Vertretern aus Politik, den Medien, Big Business, der Jurisprudenz, und der Bürokratie meint) ausgedient, nun sollen wieder die von den langen Thatcher-Major-Jahren ausgelaugten Konservativen regieren dürfen.

Dazu paßt, daß der neue Vorsitzende der Konservativen, David Cameron, Tony Blair nicht nur äußerlich ähnelt, sondern auch seine Partei offensichtlich auf "New-Labour-Linie" bringen will.

Aufhänger für Gabbs Vermutung war jedoch etwas anderes: Das plötzliche Ausscheiden eines der Lib-Dem-Nachfolgekandidaten aus dem Rennen. Mark Oaten, verheiratet, zwei Kinder, mußte zugeben, die Dienste eines Rent-Boys gekauft zu haben. Gabb weist darauf hin, daß nur ein Tag vor dieser Bekanntgabe in Oatens Büro eingebrochen worden war, und kaum eine Zeitung darüber berichtet hatte, was auf eine "Verwicklung der Geheimpolizei" hindeutet. Gabb meint, daß die "ruling class" kein Interesse an einer erfolgreichen Lib-Dem-Partei hat, die den Konservativen im Weg stehen könnte. Daher vermutet er, daß am Ende Menzies Campbell, der am wenigsten effektive Kandidat, gewinnen wird. Diese Spekulation mag ein wenig übertrieben erscheinen und zu sehr nach Mantel und Degen riechen. Mir erschien das zunächst auch so.

Nun aber scheint ein weiter Kandidat verstärkt ins Enthüllungs-Visier zu geraten: Simon Hughes, party president, unverheiratet, dem nachgewiesen wurde, einen Schwulen-Chat-line angerufen zu haben. Vor kurzem noch hatte er geleugnet, jemals homosexuelle Partner gehabt zu haben. Nun hat er das zugegeben. Das ist in sich natürlich kein Verbrechen und bei den toleranten Lib-Dems auch kein Beinbruch. Aber bei seiner erstmaligen Wahl ins Parlament 1983 hat er sich auf Flugblättern als "the straight choice" dargestellt, als sein Gegenkandidat von Labour ein offener Homosexueller war. Damit, so vermute ich, ist er wohl auch bei vielen Lib-Dems unten durch. Auch wenn er sich noch hält, seine Chancen auf den Vorsitz sind jetzt schon geschmälert.

Jetzt bleiben nur noch Menzies Campbell und der ziemlich unbekannte Chris Huhne. Man darf gespannt sein, ob die "ruling class" den Lib-Dems überhaupt noch eine Wahl lassen wird.

Sunday, January 22, 2006

Huch, eine Blase!

Auch der Spiegel hat jetzt die Mega-Immobilien-Spekulationsblase in den USA entdeckt - ungefähr vier Jahre, nachdem mein Lieblings-Marktbeobachter, The Daily Reckoning, das getan hat. (Zuletzt etwa hier.)

Interessant an dem Spiegel-Artikel sind die Details über die zusätzlichen, versteckten Kosten, die man über die horrenden monetären Preise hinaus zahlen muß: Wer ein Appartment in Manhattans Upper West Side kaufen will, muß nicht nur jede Menge Millionen US $$ mitbringen, sondern wird auch einer eingehenden Prüfung der Eigentümergemeinschaft unterzogen. Man kann sich vorstellen, was für eine Demütigung das für so manchen Kaufwilligen ist, von denen viele ja aus der notorisch eitlen (und ebenfallls überbewerteten) Showbranche stammen - wie die im Artikel eingangs erwähnte Mariah Carey, die nicht, wie empfohlen, "demütig, bescheiden und - so der wichtigste Maklerrat - wie für eine Beerdigung gekleidet" erschien, sondern "im bauchfreien Outfit, brachte drei Bodyguards mit - und konnte sich gleich wieder auf Wohnungssuche begeben."

Interessanter als diese pikanten Details wäre für mich jedoch, wie sich das unvermeidliche Platzen der Blase auf die Welt(wirtschaft) auswirken wird. Was passiert, wenn der größte Konsument der Welt, die USA, nichts mehr kauft, weil er sich plötzlich so arm fühlt, wie er in Wirklichkeit ohnehin schon ist? Werden die Preise, zumal der Ölpreis, sinken? Oder (angesichts der Vergangenheit wahrscheinlicher) werden die Gelddruckmaschinen der FED so richtig heißlaufen und eine galloppierende Inflation, wenn nicht gar eine Hyperinflation des Dollar (und damit eine Flucht aller anderen aus dem Dollar) auslösen?

Der Daily Reckoning spricht fast täglich vom nahenden Ende des amerikanischen Imperiums (das sind übrigens Amerikaner, die dies schreiben). Wie nah dieses Ende ist, darüber maßen sie sich kein Urteil an, dazu sind sie viel zu bescheiden und klug.

Ich erwarte, dieses Ende noch zu erleben. Nicht, daß ich mich besonders darüber freue - genausowenig, wie ich mich darüber freue, wenn ich weiß, daß in meiner Nachbarschaft jemand lebt, der sich selbst demnächst mitsamt Haus in die Luft sprengen wird. Aber ich betrachte es als unvermeidlich, denn dieser Koloß ist weit jenseits der Beratungsresistenz-Schwelle (und im übrigen eine Demokratie - was ja, wie Hans-Hermann Hoppe zeigt, zunehmend zu immer kurzfristigerem Denken führt).