Saturday, December 31, 2005

Warum wir immer reicher werden (wollen)

Die Evolutionstheorie kann auch auf diese Frage eine plausible Antwort geben. In der aktuellen Ausgabe des Economist gibt es einen Überblick über den derzeitigen Stand der Forschung über die Evolution des Menschen. Darin heißt es u.a., daß körperliche Schönheit (insbesondere körperliche Symmetrie) nicht [nur] ein subjektiver Wert ist, sondern statistisch mit wünschenswerten Eigenschaften wie ein starkes Immunsystem einhergeht. Zwischen den Geschlechtern gibt es einen signifikanten Unterschied hinsichtlich der Merkmale, die zur Wahl eines Partners führen: Frauen achten sehr viel mehr auf den Status des möglichen Partners als umgekehrt – eine Tendenz, die sich mit der zunehmenden ökonomischen Unabhängigkeit der Frauen nicht verträgt.

Weiter:

Vertrauen sowie das Erkennen und Bestrafen von Ungerechtigkeit befinden sich im Herzen der menschlichen Gesellschaft. Sie sind so wichtig, daß Menschen ihrem eigenen kurzfristigen Interesse schaden, um die zu bestrafen, die sich in ihren Augen ungerecht verhalten.

Schließlich:

Psychologen mit nichtevolutionärer Neigung bekunden oft, verwirrt zu sein darüber, daß Gesellschaften, wenn sie einmal bittere Armut hinter sich gelassen haben, nicht mit wachsendem Reichtum glücklicher werden. [Mit anderen Worten: Warum mühen wir uns überhaupt ab, reicher zu werden, warum gibt es Wirtschaftswachstum?] Der Grund dafür könnte darin liegen, daß Einkommen ab einem gewissen Niveau ebensosehr dne Status wie den materiellen Wohlstand ausdrücken. Insbesondere wenn man ein Mann ist, kann Status die besten Partner kaufen, oft mehr als nur einen. Aber Status ist relativ. Es ist unwichtig, wieviel man verdient, wenn der Rest des Clans mehr verdient. Menschen (und insbesondere Männer) suchen ständig nach Wegen, ihren Status zu verbessern – und ein gutes Einkommen ist ein ausgezeichnetes Mittel dafür. Aristoteles Onassis, ein Mann, der so manches sowohl über Reichtum als auch über Frauen wußte, sagte einmal: "Wenn es keine Frauen gäbe, hätte das ganze Geld der Welt keine Bedeutung." Vielleicht war der Gründungsvater der Ökonomie nicht Adam Smith, der lediglich erklärte, wie wir reich werden, sondern Charles Darwin, der das Warum zu erklären half.

Literarisches Familienbild im Wandel

Bill Bonner, Herausgeber des Investment-Newsletters "Daily Reckoning" veröffentlicht des öfteren auch Gedanken persönlich/philosophischer Natur, meist auf sehr unterhaltsame Art. So auch wieder in der heutigen Ausgabe, die u.a. auch eine Jahresendansprache an seine Mitarbeiter zum Inhalt hat ("Spontaneous Order"), die die demütige und bescheidene Grundeinstellung des Autors verdeutlicht, die ihn für mich so sympatisch macht. Hier aber will ich seine Gedanken zum Bild der Familie in der Literatur und sein Wandel im Verlauf der letzten zwei Jahrhunderte übersetzt wiedergeben:

"Die Literatur des 19. Jahrhunderts war voller sorgfältiger Studien des Familienlebens. Mütter suchten gute eheliche Verbindungen für ihre Söhne und Töchter . . . und achteten darauf, wer wen traf . . . und auf Tischmanieren . . . und auf was das Personal dachte. Gute Ehen . . . schlechte Ehen . . . gesellschaftliche Stellung . . . Familienvermögen . . . Familienbetriebe – die glückliche, gesunde und gedeihende Familie war ein Ideal. Aber im 20. Jahrhundert wandte sich die Literatur gegen die Familie wie ein undankbarer Sohn. Plötzlich waren alle Theaterstücke und Romane voller schlechter Familien. Zwischen 1880 und 1930 wurden alle Väter zu Alkoholikern, zu Frauenhelden und zu Mißbrauchern. Ehefrauen strebten nach Befreiung. Sie wollten ihre eigenen Karrieren . . . oder Drogen. Und aus den Kindern wurden alle sensible Dichter mit verletzten und vom Familienleben geschlagenen Seelen. Es gibt kaum eine Familie in der ernsthaften Literatur nach 1920, die nicht ein furchtbares Geheimnis zu verstecken hatte. Und fast keine, deren Mitglieder auf sich selbst gestellt nicht besser fuhren. Im 20. Jahrhundert hieß die Parole: Jeder für sich – jeder hatte die Freiheit, seinen eigenen Weg zu gehen, sein eigenes Vermögen zu erwerben . . . und sein eigenes Leben auf seine Weise zu vermurksen."


War dieser Wandel vielleicht ein Frühindikator der menschlichen Hyperkatastrophen, für die das 20. (und das 21.?) Jahrhundert in die Geschichte eingehen wird?

Wie das Christentum zu Freiheit, Kapitalismus und Erfolg im Westen führte

Das wird den Objektivisten nicht schmecken: Das Christentum soll entscheidend zum "Glauben an Fortschritt und Vernunft" im Westen beigetragen haben, "was wiederum zu den Ideen des Individualismus, der moralischen Gleichberechtigung und der Menschenrechte wie auch zur technischen Entwicklung geführt habe". So in etwa schreibt Rodney Stark in seinem neuen Buch "How Christianity Led to Freedom, Capitalism, and Western Success". (Hier die zitierte Besprechung.)

Während andere die Geographie und das Klima und andere Umweltfaktoren für die entstehung des Kapitalismus in Europa verantwortlich machen, steht für Stark fest, daß Ideen und Glaubensinhalte weitaus stärkere Faktoren waren. Und da habe das Christentum einen entscheidenden Vorteil gehabt: "Während andere Weltreligionen das Mysterium und die Intuition betonten, machte sich allein das Christentum Vernunft und Logik als primäre Wegweiser zur religiösen Wahrheit zu eigen."

Stark geht noch weiter und behauptet, daß das gegenwärtige weltweite Wachstum des Christentums aufgrund seiner "Anziehungskraft auf die Vernunft" stattfindet und weil diese Religion "so untrennbar mit dem Aufstieg der westlichen Zivilisation verbunden ist."

Hier auch eine Kurzdarstellung des Arguments durch den Autor selbst.

Friday, December 30, 2005

Die ökonomischen Lektionen aus Bethlehem

Lew Rockwell veröffentlicht seit einigen Jahren regelmäßig zu Weihnachten seinen Artikel "The Economic Lessons of Bethlehem".

Hier biete ich nun eine deutsche Übersetzung des Artikels an:

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Im Herzen der Weihnachtsgeschichte liegen einige wichtige Lektionen, die sich auf das freie Unternehmertum, die Regierung und die Rolle des Wohlstands in der Gesellschaft beziehen.

Wir beginnen mit einem der berühmtesten Sätze: "In der Herberge gab es keinen Platz." Dieser Satz wird oft zitiert, als ob er eine grausame und herzlose Abweisung der müden Reisenden Josef und Maria darstellt. Viele Wiedergaben der Geschichte beschwören Bilder von dem Paar herauf, das von Herberge zu Herberge geht, wobei die Eigentümer sie anblaffen, daß sie verschwinden sollen und die Tür zuschlagen.

Tatsächlich waren die Herbergen im gesamten Heiligen Land wegen des Erlasses des römischen Kaisers, daß jeder gezählt und besteuert werde, zum bersten gefüllt. Herbergen sind Privatunternehmen und Kunden sind für sie lebensnotwendig. Es hätte keinen Grund gegeben, diesen Mann aristokratischer Herkunft und seine schöne, hochschwangere Braut abzuweisen.

Jedenfalls heißt es bei Lukas im zweiten Kapitel nicht, daß sie ständig, an einer Örtlichkeit nach der anderen, zurückgewiesen wurden. Es erzählt von der Nächstenliebe eines einzigen Herbergsinhabers, vielleicht der erste Mensch, den sie antrafen, der ja doch ein Unternehmer war. Seine Herberge war voll, aber er bot ihnen an, was er hatte: den Stall. Es wird nicht erwähnt, daß der Herbergsinhaber dem Paar auch nur eine Kupfermünze in Rechnung stellte, obwohl er das, in Anbetracht seiner Rechte als Grundeigentümer, sicherlich hätte tun können.

Der Gedanke ist daher bemerkenswert, daß, als das Wort mit der Geburt Jesu Fleisch wurde, dies durch die fürsprechende Arbeit eines Privatunternehmers geschah. Ohne seine Hilfe wäre die Geschichte in der Tat ganz anders verlaufen. Menschen beschweren sich über die "Kommerzialisierung" von Weihnachten, aber der Kommerz war von Anfang an eindeutig dabei und spielte eine wesentliche und löbliche Rolle.

Und trotzdem kennen wir nicht einmal den Namen des Herbergsinhabers. In den zwei Tausend Jahren der Weihnachtsfeiern glänzen heute Worte der Anerkennung für den Eigentümer der Herberge durch Abwesenheit. Das ist das Schicksal des Händlers im Verlauf der gesamten Menschheitsgeschichte: erfolgreich sein, gutes tun, und für seine Dienste an der Menschheit vergessen.

Wenn es einen Mangel an Herbergsplätzen gab, war dies eindeutig ein ungewöhnliches Ereignis, hervorgerufen durch eine Art Marktverzerrung. Denn, wenn es häufig zu Platzmangel in Bethlehem gekommen wäre, hätten Unternehmer dies bemerkt, daß ein Profit erzeilt werden könnte, wenn man sich diesem Problem zuwenden würde, und hätten mehr Herbergen gebaut.

Es war aufgrund einer Regierungsverordnung, daß Maria und Josef und so viele andere genau wie sie überhaupt auf Reisen waren. Sie mußten aus Angst vor den Zensusarbeitern und den Steuereintreibern des Kaisers ihre Heimat verlassen. Und man bedenke die Kosten, sich den ganzen Weg "von der Stadt Nazaret in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids" durchzuschleppen, ganz zu schweigen von den Opportunitätskosten, die Josef tragen mußte, als er seinen Betrieb verlassen mußte. Somit erhalten wir eine weitere Lektion: Die Verwendung von Zwangsauflagen durch die Regierung verzerrt den Markt.

Weiter in der Geschichte kommen wir zu den Drei Königen, auch Weise genannt. Was für eine historische Anomalität, daß beides zusammenkommt! Die meisten Könige verhielten sich wie der örtliche Zwingherr des Kaisers, Herodes. Er befahl nicht nur den Menschen, ihre Wohnstätten zu verlassen und die Rechnung für die Reise zu bezahlen, so daß sie besteuert werden könnten. Herodes war auch ein Lügner: Er sagte den Weisen, daß er Jesus finden wollte, damit er "hingehen und Ihm huldigen" könne. Tatsächlich wollte Herodes Ihn töten. Daher eine weitere Lektion: man kann einem politischen Arbeitstier nicht trauen, die Wahrheit zu sagen.

Was brachten die Weisen, als sie die heilige Familie gefunden hatten? Nicht Suppe und Stullen, sondern "Gold, Weihrauch und Myrrhe." Dies waren die seltensten erhältlichen Gegenstände in der damaligen Welt, und sie müssen einen sehr hohen Marktpreis gekostet haben.

Weit davon entfernt, sie als übertrieben abzulehnen, akzeptierte die heilige Familie sie als des göttlichen Messias würdige Geschenke. Auch gibt es keine Aufzeichnung darüber, daß die heilige Familie auf sie eine Kapitalgewinnsteuer zahlen mußte, obwohl solche Schenkungen ihren Wohlstand netto unermeßlich vergrößerte. Daher eine weitere Lektion: Wohlstand ist nichts unmoralisches, Wohlstand ist etwas, das hoch zu schätzen, privat zu besitzen, zu geben und zu tauschen ist.

Als die Weisen und die heilige Familie Wind von Herodes’ Plänen bekamen, den neugeborenen Sohn Gottes zu töten, fügten sie sich? Ganz und gar nicht. Die Weisen, da sie weise waren, erteilten Herodes eine Abfuhr und "zogen auf einem anderen Weg heim in ihr Land" – wobei sie ihr Leben riskierten. (Ein wütender Herodes lies später nach ihnen suchen). Was Maria und Josef betrifft, gab ein Engel Josef den Rat: "Nimm das Kind und seine Mutter, und flieh nach Ägypten." Kurz: Sie leisteten Widerstand. Lektion Nummer vier: Die Engel sind auf der Seite derjenigen, die sich der Regierung widersetzen.

In den Erzählungen des Evangeliums ist dies nur der Anfang der Rolle der Privatunternehmen, und der Bösartigkeit der Regierungsmacht. Jesus gebrauchte in seinen Gleichnissen Beispiele aus der Welt des Kommerzes (z.B. Arbeiter auf dem Weinberg, das Gleichnis der Talente) und machte deutlich, daß Er gekommen war, sogar um solch geschmähte Sünder wie Steuereintreiber zu retten.

Und genau wie Seine Geburt durch den Eigentümer einer "Herberge" ermöglicht wurde, wird das selbe griechische Wort "kataluma" verwendet, um den Ort des letzten Abendmahls zu beschreiben, bevor Jesus von der Regierung gekreuzigt wurde. Somit waren private Unternehmen von der Geburt an da, im Verlauf des Lebens und bis zum Tod, sie waren Sicherheit und Produktivität bietende Zufluchtstätten, genau wie in unserem Leben auch.

Tuesday, December 27, 2005

Putin-Berater und Fan von Ayn Rand geht

Andrej Illarjonow, der Wirtschaftsberater des russischen Präsidenten Vladimir Putin und ausgewiesener Fan von Ayn Rand gab heute seinen Rücktritt bekannt.

In der Spiegel-Online Meldung heißt es:

Russland sei nicht länger politisch frei, stellte Illarjonow heute fest und betonte: "Für so ein Land bin ich nicht zur Arbeit gegangen, habe ich keinen Vertrag unterzeichnet und keinen Eid geschworen."


Ein enttäuschender Schlußpunkt für das Jahr, in dem Ayn Rand 100 Jahre alt geworden wäre.