Thursday, September 21, 2006

Mikro-Tsunami

Die Pressemitteilung des Libertären Instituts über "Wahlrechtsentzug für Nettostaatsprofiteure", gefolgt vom Artikel "Läuten zur libertären Kulturrevolution" von Kaspar Rosenbaum haben zusammen in liberal-libertären Kreisen etwas ausgelöst, was mit "Sturm im Wasserglas" nur unzureichend genau beschrieben ist. "Hurrikan im Fingerhut" wäre da treffender. Trotzdem sind einige Wellen so hoch geraten, daß die von mir geschätze Freiheitsfabrik offenbar abgesoffen ist und vorerst (?) den Betrieb eingestellt hat.

Ich vermute, daß der Auslöser für den "Streik" der zwei mir persönlich bekannten und sympatischen Fabrik-Protagonisten Michael Kastner und Andreas Ullrich unter anderem ein Kommentarbeitrag von drchaos ist, der ihnen "libertäre Fatwas" vorwarf. (drchaos verlinke ich hier nicht, da er mir zu "konservativ*seriös*erzkatholisch" ist ;-) .)

Das ist ein hartes Wort, nüchtern betrachtet übertrieben hart. Aber manchmal muß man wohl so (über)deutlich werden, um gehört und verstanden zu werden. Das gilt für die Verwendung des obigen Begriffs gegenüber den Freiheitsfabrikanten ebenso wie für die Pressemitteilung, die an die Allgemeinheit gerichtet war und von ihr offensichtlich zum Teil auch verstanden wurde, und die überhaupt der Auslöser dieses Mikro-Tsunamis wurde.

Während mich also der (zeitweilige?) Abgang der Freiheitsfabrik aus der Blogosphäre betrübt, so bin ich doch eher belustigt über die Reaktion einiger Liberaler (1, 2), die sich trotz staatstreue für radikal halten. Belustigt zum einen, weil sie weder die Logik, noch die Empirie des modernen Staatsverfalls sehen (wollen). Weil sie bei jeder Fundamentalkritik gleich "Fundamentalismus" und "Utopismus" rufen. Aber auch, weil sie mit ihren Beiträgen genau das bestätigen, was der Umkehrschluß von Hoppes Thesen über die Demokratie ist, und was ihnen Hoppe daher als Spiegel vorhält und was zu sehen sie tunlichst vermeiden wollen, da es ihnen sonst so ergeht wie dem legendären Basilisk . Sie würden dann feststellen, daß die von ihnen unterstützte Demokratie im Endeffekt keine wirklichen Unterschiede unter den Menschen zuläßt – und in ihr notfalls mit Gewalt unterdrückt wird. Mit anderen Worten: "Elite" mögen sie nicht, weder "natürliche" noch sonst eine. Wie sie das aber mit ihrer Liberalität in Einklang bringen wollen, ist ihr Problem.

Auch haben sie Hoppes zentralen Vorwurf an die klassischen Liberalen niemals akzeptiert, aber auch niemals mit ihm auseinandergesetzt, geschweige denn widerlegt, daß es ein historischer Fehler gewesen sei, sich mit den Demokraten zu verbünden, um den in der damaligen Situation üblichen Staatsvorsitzenden, den absolutistischen Monarchen oder Fürsten, zu beseitigen. Sie setzen sich nicht mit der These auseinander, daß sie damit lediglich einem anderen absolutistischen Herrscher zur Inthronisierung verholfen haben. Einem Herrscher zudem, dem im Gegensatz zum Vorgänger die einzige Verbindung zum Herrschaftsgegenstand fehlt, die ihn wirksam bändigen könnte, nämlich das Privateigentum.

Mit anderen Worten: Der Fehler der klassischen Liberalen war es, den Herrscher, und nicht die Absolutheit seiner Herrschaft anzugreifen. Sie haben den "obersten Privateigentümer" (der seinen Eigentumsanspruch allerdings über Jahrhunderte unbotmäßig ausgeweitet und Grenzen des Privateigentums anderer überschritten hatte) gestürzt und wundern sich nun, daß Privateigentum nichts mehr gilt.

Aber darüber wird natürlich nie diskutiert. Statt dessen ereifern sich einige darüber, daß Hoppe selbst wohl ein "Nettostaatsprofiteur" sei. Na und? Vermutlich wählt er gar nicht (in den USA sowieso nicht). Und ich bin sicher, es gibt viele Libertäre, die "Nettostaatsprofiteure" sind und gerne auf ihr Wahlrecht verzichten würden, wenn dies Millionen andere ebenso tun müßten.

Natürlich fehlt auch nicht der Faschismusvorwurf (wobei ich das antibürokratieteam hier ausdrücklich nicht meine). Aber der ist inzwischen so abgelutscht, daß die Verwendung dieses Begriffes nur noch dazu dienen kann, ein bezeichnendes Licht auf den Verwender zu werfen.

Dann gab es noch den Vorwurf der - für Libertäre - unzulässigen Verwendung von Kollektivbegriffen. Aber wie sonst soll man sich mit einem Phänomen auseinandersetzen, das sich als ein Kollektiv definiert?

Fazit: Überspitzungen wie die o.g. Pressemitteilung können einen Wind auslösen, der, wenn auch nicht so beabsichtigt, "liberale Spreu" von "libertärem Weizen" trennt. Wenn der Wind dann noch so stark wird, daß ein Tsunami ausgelöst wird, dann zeigt sich, wessen libertäre Kornkammer auf solidem Grund gebaut wurde, und wessen auf Sand.

Monday, September 18, 2006

Wege aus der VWL-Misere an deutschen Unis

Deutsche Ökonomen sind nicht konkurrenzfähig, schreibt heute das Handelsblatt. Wer nicht an einer der wenigen besseren Universtitäten studiert "und an einen schwachen Forscher gerät, wird nicht an internationale Standards herangeführt und landet schnell in der Sackgasse."

Dieser Warnung kann ich mich nur anschließen. Und selbst an den besseren Universitäten wird man meist nur mit dem Keynesianismus, der Neoklassik und evtl. mit der Public Choice School vertraut gemacht und nur in den seltensten Fällen darauf hingewiesen, daß es ja noch diese andere, die Österreichische Schule der Ökonomie gibt, die unendlich viel mehr für das Verständnis ökonomischer Zusammenhänge leistet als die anderen drei zusammen.

Da ist es eine gute Nachricht, wenn es Einrichtungen gibt, die jenseits des Vorlesungssaals - und viel praxisbezogener - Verständnis für ökonomische Zusammenhänge sehr wirklichkeitsnah vermitteln.

Gut auch, wie ebenfalls heute - in Spiegel Online - zu lesen war, daß eine Universität in den USA ihre Studenten dazu anregt, eigene Lehrbücher zu schreiben und im Internet zu veröffentlichen. Das ist in der Tat zukunftsweisend und macht hoffentlich auch bald in Deutschland Schule. Auch im Fachbereich Ökonomie. Mit Lehrbüchern, die auch die Ideen der Österreichischen Schule vermitteln.