Friday, September 02, 2005

New Orleans und die Staatsgläubigkeit

Gestern war im Freiheitsforum ein Thread eröffnet worden, in dessen Eingangsstatement hämisch/sarkastisch behauptet wurde, jetzt könne man in New Orleans sehen, wie eine staatenlose Gesellschaft aussehen würde: Gewalt, Plünderungen, Rechtlosigkeit wären an der Tagesordnung.

Dagegengehalten wurde richtigerweise argumentiert, daß sich New Orleans immer noch in einem Staatsgebiet befindet und daß der zuständige Staat als Monopolist der Rechtsdurchsetzung und des Schutzes von Leben und Eigentum derzeit dort versagt.

Dagegen behauptete wiederum der Aufsteller der Eingangsthese, die Situation in New Orleans würde jetzt nicht anders aussehen, wenn Hurrikan Katrina die Stadt in einer staatenlosen Gesellschaft getroffen hätte, und selbst die privaten Versicherungen (Gebäude samt Mitarbeiter) vernichtet hätte.

Leider ist dieser Thread über Nacht verschwunden, vielleicht artete die Diskussion ins unakzeptable aus.

Der Thesenaufsteller liegt mit seiner Projektion über den Zustand eines "staatenlosen" New Orleans nach einem verheerenden Hurrikan aus folgenden Gründen falsch:

Wer in einer staatenlosen ("Versicherungs-")Gesellschaft in einem geographischen Ort wie New Orleans leben würde, mehrere Meter unter dem Meeresspiegel, direkt an der Küste in einem Gebiet, das regelmäßig von Hurrikanen heimgesucht wird, würde eine sehr hohe Versicherungsprämie zahlen müssen, wahrscheinlich verbunden mit erheblichen Hurrikan- und Hochwasserschutz-Auflagen. Denn: Die Gefährdung von N.O. war lange bekannt. Also dürfte unter solchen Bedingungen da nur - mit Anspruch auf Schutz vor Naturgewalten - leben, wer ziemlich reich ist, also nur sehr wenige, wenn überhaupt. Wer sich sonst dort befunden hätte, hätte dies auf eigene Gefahr getan.

Und für den Fall des Falles würde eine Versicherung schlecht beraten sein, dann auch noch den Schutz vor Plünderung zu garantieren. Also: Wer da wohnt, hätte sich mit Waffen und Proviant in einer hochwasserschutzsicheren Festung aufhalten müssen.

In einer staatlichen, insbesondere demokratischen Gesellschaft ist es eher umgekehrt: Wer reich ist, hat schon lange das Weite gesucht, in den gefährdeten Gebieten leb(t)en, in ungeschützten Unterkünften, hauptsächlich nur Arme, die von ihren demokratischen Hütern lange in falsche Sicherheit eingelullt wurden. Als es dann ernst wurde, sind dann logischerweise viele geblieben und haben nicht auf die Warnung der staatlichen Behörden gehört. "Warum auch?", wird so mancher gedacht haben, "Wenn mir was passiert, wird mir der Staat schon aus der Patsche helfen. Hat er doch bislang auch gemacht."

Das sind die berühmten letzten Worte aller Staatsgläubigen, überall.

Das sollte jedoch selbstverständlich niemanden davon abhalten, Mitgefühl für die jetzt leidenden Opfer zu zeigen und ihnen, wenn möglich, zu helfen. Listen von (nichtstaatlichen) Organisationen, an die man Spenden kann, um den Opfern von Hurrikan Katrina zu helfen, befinden sich bei der Freiheitsfabrik.

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