Sunday, October 16, 2005

Wie den Terror bekämpfen?

In einer kürzlich von Dominik Hennig angefachten Diskussion im Freiheitsforum über einen Artikel von Sascha Settegast in der neuesten Ausgabe von "eigentümlich frei" (Nr. 56) ging es mal wieder darum, ob und wie der Eingriff der USA und ihrer Verbündeter im Irak zu rechtfertigen sei.

"Der Westen liebt das Leben, der Islam den Tod", schreibt Settegast. So einfach ist es nicht, denn zum einen kann man an der wahnsinningen Schuldenmacherei westlicher Staaten, allen voran ihrer Führungsmacht, eine zunehmende, extreme Gegenwartsorientierung feststellen. Nur aber eine manifestierte Zukunftsorientierung wäre ein Beweis dafür, das man "das Leben liebt". Extreme Schuldenmacherei (insbesondere zu Konsumzwecken) beweist das Gegenteil. Zum anderen: Es liegt sicherlich am Islam selbst, daß aus ihm eine solch todbringene Abart hervorgegangen ist. Darin liegt aber auch schon der Lösungsansatz verborgen.

Der islamische Terrorismus ist nicht, wie Settegast schreibt, eine "Waffe", sondern, wenn schon mit kriegstechnischen Begriffen gearbeitet wird, eine Taktik (eine, auf die der Staat, ein monopolistischer Sicherheitsanbieter, übrigens nie eine effektive Gegentaktik anwenden wird, da das gegen sein vorrangiges Ziel der Machtausdehnung ginge; das nur nebenbei). Mir geht es aber um etwas anderes. Der radikale, terroristische Islamismus ist in erster Linie mit einer Krankheit zu vergleichen, genauer: mit einer Geisteskrankheit, die nicht einfach mal so wegoperiert bzw. –gebombt werden kann.

Dieser Terrorismus speist sich aus zwei Quellen, einer inneren und einer äußeren. Die innere ist eine extem verengte Sichtweise der Religion, die nicht die geringste Abweichung von einer bestimmten Norm zuläßt. Dieser Totalitarismus ist genauso unmenschlich wie jede andere beliebige totalisierte Ideologie, denn er erlaubt bei kleinsten Abweichungen auch Verstümmelung, Todschlag und Mord.

Die äußere Quelle ist der (staatsökonomisch und geostrategisch angetriebene) Eingriff fremder Staaten und Kulturen in der vom Islam beherrschten Region, der historisch dem Terror voranging, und zwar eben durch die westlichen Regierungen, an deren Spitzen sich, wie Settegast hier richtig feststellt, "keine genuinen Westler, sondern machthungrige Sozialdemokraten und religiöse Fanatiker [sitzen,] die glauben, sie müßten die völlig entgrenzte 'Demokratie' über den Globus verbreiten." (Wobei letzteres nur das neueste Deckmäntelchen der Saison ist, möchte ich hinzufügen).

Diesem Terror ist nicht mit Gewalt beizukommen, schon gar nicht mit der plumpen Destruktion, die die USA im Irak vornehmen. Im Gegenteil, dadurch wird er noch angeheizt, wie die Anschläge in Madrid und London beweisen. Settegast schreibt: "Es schadet niemals, den Gegner beim Wort zu nehmen". Dies sollte er auch dann tun, wenn die Londoner Terroristen in ihren Abschiedsworten an die Welt die Situation im Irak als Grund für ihre Tat nennen.

Das Abstellen der äußeren Quelle des Terrors, also der Abzug westlicher Truppen aus dem Irak und dem Nahen und Mittleren Osten, wird aber nicht ausreichen, um dem Terror beizukommen. Ein Abzug ist aber aus zwei Gründen notwendig: Einmal, damit dem Islam Gelegenheit gegeben wird, Selbstheilungskräfte zu entwickeln, um die innere Quelle des Terrors zum Versiegen zu bringen – denn nur dann wird er dauerhaft besiegt werden. Zum anderen, damit der Westen gleichzeitig durch einen Abzug enorme Mittel einsparen kann, die ihm bei der Bekämpfung des schon im eigenen Hause vorhandenen Terrors fehlen.

In einem Artikel des New Statesman (Dank an Dominik Hennig für den Hinweis) stellt der moslemische Publizist Ziauddin Sardar fest:

"Es stimmt einfach nicht, wenn man sagt, [die Terroristen] seien 'keine Moslems', wie der Muslim Council of Britain anzudeuten scheint. Wir müssen anerkennen, daß die Terroristen, und ihre neo-kharjitische Tradition, ein Produkt islamischer Geschichte sind. Nur wenn wir diese brutale Tatsache anerkennen, werden wir merken, daß der Kampf gegen den Terrorismus auch ein interner moslemischer Kampf innerhalb des Islam ist. Es ist in der Tat ein Kampf um die Seele des Islam selbst.

Der Krieg gegen den Terror kann in Wirklichkeit gar kein Krieg sein. Er muß ein vernünftige Auseinandersetzung mit der Politik der Tradition sein. [...]

'Der beste Weg zur Bekämpfung der kharjitischen Tradtion ist die Anwendung der humanistischen und rationalistischen Tradition des Islam', sagt Dr. [Najah] Kadhim, [Dirketor von Islam21, einem globalen Netzwerk moslemischer Intellektueller]. 'Damit sind sie in der Geschichte des Islam besiegt worden. Damit werden sie diesmal besiegt werden.'"


Diejeingen, die die westlichen Werte, also allen voran den Vorrang der Vernunft hochhalten, sollten diese Tradition des Islam dankbar begrüßen und nach Kräften unterstützen. Ein fast diskriminierungsloses Herumballern steht dem aber nicht nur entgegen, sondern im absoluten Widerspruch dagegen. Der Westen sollte sich an Islam21 ein Beispiel nehmen und sich seiner eigenen "humanistischen und rationalistischen" Tradition besinnen. Das heißt: Rückbau des Staates, Stärkung des Eigentumsprinzips, woraufhin folgt: Stärkung der (ökonomischen, aber auch seelischen) Selbstheilungskräfte, woraufhin folgt: Innere (Abwehr-)Kraft, die irrationale Tendenzen im Keim erstickt bzw., wenn es mal zu einem Anschlag kommt, effizient bekämpft.

Check your premises.

2 Comments:

Blogger Max said...

Ich bin auch gegen den Irakkrieg,wenn auch unter anderer Gewichtung der Gründe.

Dennoch liese sich doch darüber nachdenken, ob dieser Kampf und die Köpfe der Menschen nicht doch mit dem Irakkrieg zu bewerkstelligen sei, wobei bei diesem Ansatz der kriegerische Part nur zweitrangig ist.
Wenn man anhand des Iraks ein Exempel statuieren kann, in dem man zeigt, dass die westlichen Werte denen des fundamentalistischen Islam's überlegen sind und dies unabhängig von der Religion gelingt, dann wäre das doch ein Erklärungsansatz.

Tatsache ist jedoch, dass dies im Irak durch die Iraker nicht so erkannt wird, denn sie sehen darin doch nur eine weitere Okkupation ihres Landes durch eine neue fremdbestimende Macht.

11:10 am  
Blogger Barbarossa said...

Ein kompletter Abzug der westlichen Truppen aus dem Irak? Selbstheilungskräfte des Islam?
Zunächst einmal ist der Irak ein Land, in dem die Religion über Jahrzehnte hinweg mehr eine Alibi-Funktion für das Saddam-Regime inne hatte, die Menschen sind eher säkular geprägt, denn religiös orientiert. Das Gros der Terroristen mit islamistischem Hintergrund stammt aus Syrien und dem Iran. Zweifellos gibt es auch im Irak selbst Kräfte, vornehmlich die Anhänger der alten Regierung, denen der Terrorismus nicht ungelegen kommt, da er die Stabilität des Landes und die Integrität der neuen Regierung untergräbt.
Ein Abzug der Truppen zum jetzigen Zeitpunkt hätte lediglich einen Bürgerkrieg zu Folge, der den Irak möglicherweise auf Jahre zum Spielball der verschiedenen Strömungen in der islamischen Welt machen würde. Leidtragende wären nicht nur die Menschen im Irak, sondern auch die Bevölkerung Israels, das sich bereits jetzt massiven Drohungen seitens des Iran ausgesetzt sieht. Es ist naiv zu glauben, eine freie, anarchokapitalistische Gesellschaft könnte sich in einer Region entwickeln, die bislang nichts als Totalitatrismus kannte. Hauptprofiteur eines westlichen Rückzugs wäre der Iran, dessen expansiven Plänen nichts mehr im Wege stünde - und eine nukleare Bedrohung durch die Mullahs ist das Letzte, was sich alle Freunde Israels wünschen sollten.
Im Irak von plumper Destruktion seitens der USA zu sprechen ist auch etwas gewagt. Plumpe Destruktion wäre ein Flächenbombardement aller größeren Städte zur Vernichtung des feindlichen Regimes ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung und ein anschließender Abzug ohne sich um die Konsequenzen und eine Perspektive für die Besiegten zu bemühen - dies ist aber keine Situationsbeschreibung, sondern wäre eine direkte Folge der gestellten Forderung nach einem Abzug.

12:58 pm  

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