Friday, April 08, 2005

Über verbrannten Kuchen, einen König und diesen Blog


"Burned Cakes" – jeder halbwegs gebildete Engländer denkt bei diesen Worten ... nein, nicht an die eigene Küche, sondern an den einzigen König in der langen Geschichte der britischen Inseln, der vom Volk den Titel "der Große" verliehen bekam: Alfred (849 – 899), König von Wessex (eines von damals sieben angelsächsischen Königreichen auf der Insel) – einer meiner historischen Vorbilder.

Wessex umfaßte etwa das heutige Südwestengland, mit Ausnahme des "celtic fringe" bei Cornwall. Siehe diese Karte.

Die meiste Zeit seiner Regentschaft war Alfred damit beschäftigt, marodierende Wikingerhorden aus Dänemark zu bekämpfen. Des öfteren befand er sich dabei in praktisch ausweglosen Situationen. (Situationsmäßig ungefähr so, wie sich heutzutage Libertäre gegenüber modernen marodierenden Banden empfinden.) Einmal, als die Dänen ganz Wessex überrannt hatten, mußte er sich mit einigen wenigen Getreuen in den Sümpfen von Somerset versteckt halten – nicht weit von Bath, wo ich wohne.

(Die Sümpfe sind inzwischen trockengelegt. Ein bißchen Regen reicht aber schon aus, um den Boden schlammig zu machen. Das macht sich besonders gut in der Zeit des jährlich stattfindenden Glastonbury Musik-Festivals.)

Dennoch schaffte er es, die Dänen nicht nur zu besiegen, sondern langfristig aus seinem Land zu vertreiben. Aus einer Position der Stärke handelte er dann mit den auf der Insel schon ansässigen Dänen einen ehrenvollen und nachhaltigen Friedensvertrag aus. Darüber hinaus überzeugte er die Anführer der Dänen, zum Christentum überzutreten und sich taufen zu lassen.

Während dieser Zeit baute er eine effektive Berufsarmee und Flotte auf, die er nur zu Verteidigungszwecken einsetzte. Als er Frieden geschaffen hatte, baute er sein verwüstetes und demoralisiertes Land wieder auf – er ließ Schulen und Kloster bauen, importierte Gelehrte, schrieb selber Bücher und fertigte eigenhändig Übersetzungen aus dem Lateinischen ins Altenglische an.

Er bewies sich auch dadurch als weiser Regent, indem er bisherige Gesetze seiner Vorgänger zu einem Code zusammenfaßte, statt darauf bedacht zu sein, eigene Gesetze zu schaffen. Bei der Erstellung dieses Codes hat er offenbar viel überflüssiges einfach rausgeschmissen.

>>'I ... collected these together and ordered to be written many of them which our forefathers observed, those which I liked; and many of those which I did not like I rejected with the advice of my councillors ... For I dared not presume to set in writing at all many of my own, because it was unknown to me what would please those who should come after us ... Then I ... showed those to all my councillors, and they then said that they were all pleased to observe them'<< (Aus: Kings and Queens of England)

Und was hat das alles mit "verbranntem Kuchen" zu tun?

Nun – es gibt über Alfred folgende Legende: Als er sich in Somerset versteckt hielt, ging er oft incognito umher, um die Lage zu peilen und heimlich neue Truppen zu sammeln. Auf seinen Streifzügen erbat er sich einmal bei einem Kuh- oder Schweinehirten Unterkunft, die er auch bekam. Die Dame des Hauses bat ihn daraufhin, auf die "Cakes" am Herd aufzupassen. Alfred versprach es. Doch der unerkannt gebliebene König war so tief in Gedanken versunken, wie er denn sein Königreich retten könne, daß er nicht merkte, wie das Gebäck verkohlte.

Als die Schweinshirtenfrau zurückkehrte, gab sie ihm die Hucke voll. Kurz darauf erschienen einige von Alfreds Mannen und die Frau war zu Tode erschreckt, als sie erkannte, wen sie da gerade gezüchtigt hatte. Doch Alfred zeigte sich Verständnisvoll – er habe eine gerechte Strafe erhalten, weil er sein Versprechen nicht gehalten habe.

Nun ja – eine Legende. Aber auch das ist Teil meines "Vorbildes" eines Menschen, der Freiheit und Zivilisation förderte.

Zum einen heiligt für mich nicht der Zweck die Mittel – was für andere gelten soll, soll auch für mich gelten, z.B. "Verträge sind zu halten".

Zum anderen erinnert mich die Geschichte daran, daß es, bei allem Nachdenken über den Zustand der Welt und wie er verändert werden könnte, andere, naheliegendere Dinge gibt, die meine unmittelbare Aufmerksamkeit verlangen.

Mehr über "King Alfred the Great" gibt es hier .

Ich hoffe, daß der geneigte Leser auf dieser Seite viel Interessantes und Bedenkenswertes finden wird, und bitte um Verständnis, wenn ich nicht immer regelmäßig blogge – vermutlich kümmere ich mich dannn gerade um den einen oder anderen Herd.

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